Vor dreißig Jahren ging es los: In den Jahren 1986/87 fuhr ich mit Regula achtzehn Monate lang kreuz und quer durch die USA und Kanada.
Wir waren in einem alten 1977er Ford unterwegs und fotografierten so ziemlich alles, was uns interessierte – vor allem Indianer und Landschaften. Tausende Kilometer spulten wir auf unserer Fahrt kreuz und quer durch Nordamerika ab.
Zurück kamen wir mit einem Koffer voller Bilder und unendlich vielen Erlebnissen und Eindrücken. Die Dias, die tatsächlich einen ganzen Koffer füllten, begründeten meine Karriere als Reisefotograf.
Das Jahr 1988 war ein geschichtsträchtiges Jahr für uns. Zurück im engen und grauen St.Gallen fielen wir in tiefe Depression. Wir vermissten die einsamen Steppen Montanas, die verwunschenen Canyons von Utah und das Gefühl, in der Welt unterwegs zu sein. Vor mir lagen eine lange Karriere als Architekt im Büro meines Vaters und die Geborgenheit eines bürgerlichen Lebens mit Kind und Eigenheim im Grünen.
Der Durchbruch kam mit einem großen Buchauftrag des renommierten C.J. Bucher-Verlages in München. Gefragt wurde nach Bildern für einen großen USA-Band, der auch bei Bertelsmann erscheinen sollte. Zwar hatte ich noch einige andere Projekte laufen, die sich auch sehr vielversprechend entwickelten, aber nüchtern betrachtet waren wir bankrott, hatten gerade knapp 800 Sfr. auf dem Konto. Unsere ganzen Ersparnisse hatten wir auf unserer großen USA-Tour ausgegeben. Bucher zahlte uns einen Vorschuss von 10 000 Mark, die aber gerade mal für die Flüge und ein gebrauchtes Auto reichten. Wie aber sollten wir die sechsmonatige Reise im Land finanzieren? Da würden immense Kosten für Hotels, Campingplätze, Filme und Essen anfallen.
Mein Lösung war ein Projekt, wie es heute für viele Fotografen zum Haupterwerb geworden ist. Ich bot dem damaligen Studenten Reisebüro SSR eine Fotoreise USA an, die wir selbst entworfen hatten. Unser wagemutiger Vorschlag wurde prompt angenommen, und so kam es, dass wir im Juli 1989 eine Gruppe von Schweizer und deutschen Hobby-Fotografen in Great Falls, Montana, in Empfang nahmen.
Die abenteuerliche Reise startete mit einer viertägigen Kanu-Tour über den Missouri River und durch die von dem Schweizer Indianermaler Karl Bodmer im Jahr 1832 so eindrücklich gemalten Missouri Breaks. Weiter ging es per Zelt und Schlafsack durch die alte Heimat der Blackfeet-Indianer zum Glacier National Park, dann entlang der Rockies nach Utah und zu den Canyons des Colorado Plateaus. Goblin Valley, damals noch ein Geheimtipp, war dabei, und natürlich Klassiker wie Bryce Canyon und Zion National Park.
Anschließend fuhren wir nach Las Vegas. Staubig, verschwitzt und stinkend wie Wüstenratten checkten wir alle im Circus Circus Casino ein, in dem wir uns abends glücklich und frisch geduscht ein Bier leisteten. Unsere erste Fotoreise war erfolgreich zu Ende gegangen, und am Flughafen wartete bereits die zweite Gruppe, die mit uns zurück nach Montana reisen wollte. Auch Tour 2 war ein Erfolg, und wir konnten danach endlich das tun, wofür wir eigentlich gekommen waren: um Amerika für das Buch zu fotografieren und die Lücken in unserem Material zu füllen. Key West in Florida, Minnesota, die großen Seen und nochmal New York.
Mit einem riesigen Metallkoffer voller Dias reiste ich nach unserer Rückkehr nach München und arbeitete dort drei Tage lang mit dem Verleger Axel Schenck an der Bildauswahl. Stundenlang beugten wir uns mit Lupen über die Kleinbild-Dias und schoben Bilder hin und her, bis das Layout sich fügte.
Es war ein tolles Gefühl. „live“ dabei zu sein, als mein erstes Buch entstand. Axel Schenck war ein großer Amerika-Fan und sehr zufrieden mit der Ausbeute. Der Band wurde mehrfach aufgelegt und erschien auch in Frankreich. Dies war der Anfang meiner Laufbahn als Reisefotograf und der Beginn unserer Foto Reisen, die wir seit 1989 regelmäßig durchführen.
Noch immer sind wir als freie Fotografen tätig, wohnen nun aber seit bald zwanzig Jahren in Oregon und fotografieren auf der ganzen Welt.
Sandro Schmid meint
Superspannend!!!
Patric Müller meint
Sehr schöne Geschichte, Gratuliere zu Ihrem Mut das auch durchzuziehen.